Mittwoch, 23. September 2009

Menetekel

poetae conversio
oder: Heines Umkehr

Gestern noch goß er in Reime den Spott
Auf den Ew’gen, den HERRN, den allmächtigen Gott.


Doch dann die Besinnung, der angstvolle Schreck,
und tief in sein Innerstes geht nun sein Blick.


„Wo ließ ich, ein Sterblicher!, meinen Verstand?
Sah ich das Zeichen nicht schon an der Wand?“


So setzt’ er sich nieder mit angstvollem Schauern
Und schrieb, was geschah in Babylons Mauern,


Als einstmals mit Häme, mit Spott und mit Hohn
Belsazar wollt stürzen den Höchsten vom Thron.



Und was dort geschah bei funkelndem Wein,
das nimmt dieser Link hier in Augenschein:


http://carduorumager.blogspot.com/2009/09/belsazar.html

4 Kommentare:

  1. Na, na! Nur keine Sentimentalitäten bitte! Seit „Cogito, ergo sum“ braucht doch niemand vor nichts mehr zu „erschauern“, schon gar nicht „angstvoll“. Der Mensch ist das Maß. Alles, was ist, existiert nur im Bewußtsein. Gott inklusive! Das ist doch längst geklärt.
    „Jehovah, dir künd’ ich auf ewig Hohn“, das ist die finale Emanzipation!
    Von wegen, „Heines Umkehr“! Hier gibt es nichts umzukehren.
    Ganz schwacher Beitrag von variatio!

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  2. spectator curiosus30. September 2009 um 07:06

    Advocatus poetae kommt daher wie der Leibhaftige: „Der Geist, der stets verneint“! Oder ist er gar eristice infectus dialecta? Jedenfalls erkennbar ohne benevolentia! Alleingelassen, hoffnungslos, gleichsam erstickend an der verbotenen Frucht. Blind für die Flammenschrift an der Wand! Man möchte rufen: Miserere, domine!

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  3. Bravo spectator!
    „Belsazar“ fand ich ganz ausgezeichnet! Dank an bibliotheca et pinacotheca, denn die Ballade war mir bislang gar nicht aufgefallen. Ganz bewegend - ich kenne Leute, die haben sie auswendig gelernt! Ja, wirklich!
    Und der Menetekel-Text: Volltreffer!

    Kommentierend zur Ballade möchte ich mich nun auch noch als Poet versuchen. Natürlich in terza rima, denn Nomen est Omen (zumal ich vor kurzem erst wieder auf Dantes Comedia stieß).

    Mein Gedicht erscheint jetzt hier in Terzinen.
    Sie waren einst Dantesches Zaubermittel,
    Hier müssen sie nun in Niedrigkeit dienen.

    „Belsazar“, schillernder biblischer Titel,
    ist wohl des Dichters eigener Kommentar
    zu manch einem lästernden Spottkapitel.

    Mein bescheidner Versuch zeigt nur das Schema,
    Das Dante mit Meisterhand einstmals ersann
    Für La Comedia, die große Divina.

    (‘Tis not my intention to make an apology for my poem: Some will think it needs no excuse, and others will receive none - and that’s how John Dryden once put it ....)

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  4. Nach terza rima und seinem erfrischenden Kommentar bleibt mir nur noch die Feststellung:

    POESIS LOCUTA, CAUSA FINITA.

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